Die Bildungsförderung ist gegenwärtig einer der Grundpfeiler deutscher Außenpolitik, wobei die in Ungarn tätigen deutschen Parteistiftungen durch den von ihnen unterstützen bilateralen Dialog einen wesentlichen Beitrag hierzu leisten. Dieser Dialog findet in Form von Konferenzen, Veranstaltungen und Hintergrundgesprächen statt, bei denen politische, wirtschaftliche und andere öffentliche Themen, die beide Länder beschäftigten, erörtert werden. All dies können Treffen von gar diplomatischer Bedeutung sein.
Ich möchte an meinem eigenen Beispiel kurz das institutionelle Netzwerk veranschaulichen, das es für jeden, der sich für das deutsche Leben in Ungarn (oder längerfristig gesehen auch in Deutschland) interessiert, kennenzulernen lohnt.
In vielen Gemeinden mit einer deutschen Minderheit gibt es nach wie vor deutschsprachige Kindergärten, in denen Kinder von klein auf deutsche Gedichte und Lieder und ab einem gewissen Alter auch schwäbische Volkstänze lernen können. Diese Schulen arbeiten eng mit dem Ungarndeutschen Kultur- und Informationszentrum in Budapest zusammen.
Und dann sind da noch die ungarndeutschen Grundschulen: Es gibt eine Vielzahl solcher Schulen im Land, in denen die Schüler Deutsch nicht nur als Fremdsprache erlernen können, sondern auch etwas über die Kultur, die Musik und die Bräuche der deutschen Gemeinschaften in Ungarn erfahren. Hier kommt auch die Rolle der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen mit Sitz in Budapest zum Tragen, die mit einer Reihe von Veranstaltungen, wie etwa dem Deutschen Sprach- und Folklorewettbewerb und den Deutschen Grammatikwettbewerben, den Zusammenhalt der ungarndeutschen Schulen fördert. Als ehemalige Schülerin der 1. Grundschule Wudersch/Budaörs vertrat ich unsere Schule mehrmals bei diesen Wettbewerben, zuerst auf Stadt-, dann auf Komitats- und nach einer Weile auf Landesebene. Ebenso zu nennen wäre der Rhetorikwettbewerb „Jugend debattiert international“, der von der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA) organisiert wird. In diesen Kreis reiht sich auch die in Fünfkirchen/Pécs ansässige Gemeinschaft Junger Ungarndeutscher (GJU) ein, die neben Deutschkursen auch Möglichkeiten für ehrenamtliche Tätigkeiten bietet.
Nach meiner Grundschulzeit ging ich ans Eötvös-József-Gymnasium in Budapest, wo ich Deutsch im Leistungskurs lernte. Zu meinem Glück verfügte das Gymnasium über ein gut ausgebautes Netzwerk an Kontakten, sodass wir Deutschlerner uns bald in Deutschland wiederfanden. Unser Ziel war Bernkastel-Kues in Rheinland Pfalz. Zu unserer Verwunderung fuhren wir gemeinsam mit unserer deutschen Austauschklasse morgens mit einem gelben Schulbus Richtung Klassenraum und mussten in dieser kleinen Stadt an der Mosel eine dreiviertel Stunde früher aufstehen als in der Metropole Budapest. Trotz des frühen Starts und der halbstündigen Busfahrt taten unsere deutschen Klassenkameraden ihr Bestes, um uns das Gefühl zu geben, zu Hause zu sein und ermunterten uns, unserer Schüchternheit zum Trotze, mit ihnen auch Deutsch zu sprechen.
Nachdem ich mein Abitur abschloss und mein Studium an der ELTE fortgesetzt hatte, war ich sehr erfreut zu erfahren, dass eine langjährige Beziehung der ELTE mit der Universität Heidelberg ungarischen Studenten den Austausch mit der ältesten Universität Deutschlands ermöglicht. Mit viel Wissen, Landeskenntnis und vor allem Sprachkenntnissen nach Hause zurückgekehrt, war es für mich keine Frage, mein Hochschulstudium in deutscher Sprache fortzusetzen. Infolge bewarb ich mich um ein Vollstipendium für ein Masterstudium in Deutschland beim DAAD. Mein primäres Ziel war der komplexe Studiengang Internationale Beziehungen, der von der Freien Universität Berlin, der Humboldt-Universität zu Berlin und der Universität Potsdam angeboten wird. In dieser Zeit reichte ich auch meine Bewerbung an der Andrássy Gyula Universität in Budapest ein, der einzigen ausschließlich deutschsprachigen öffentlichen Hochschule außerhalb der DACH-Länder. Ich hatte das große Glück, an beiden Orten angenommen zu werden, so dass ich die freie Wahl hatte, Teil der akademischen Gemeinschaft in Deutschland zu werden, oder ob doch meinen Platz in Budapest zu finden. Meine Entscheidung fiel auf Budapest. Viele Studenten der Andrássy Universität kommen nicht nur aus Ungarn, sondern auch aus Deutschland, der Schweiz, Österreich, Belgien, Frankreich, Mittel- und Osteuropa.
Ich nutzte die Möglichkeit, mich für ein Stipendium im Büro der Konrad-Adenauer-Stiftung in Ungarn zu bewerben, was mir die Gelegenheit gab, in die Welt der Diplomatie einzutauchen. So konnte ich unter anderem die Deutsch-Ungarische Industrie- und Handelskammer kennenlernen oder an Foren teilnehmen, die vom Deutschen-Ungarischen Jugendwerk organisiert werden (eine nicht unbedeutende Tatsache ist, dass die erste Veranstaltung im Rahmen meines Stipendiums beim MCC stattfand).
Anhand meines eigenen Beispiels kann ich nur jedem empfehlen, Deutsch zu lernen, jene Zeitschriften zu lesen, die die Nachrichten aus Ungarn in deutscher Sprache zusammenfassen (wie z.B. 'Ungarn Heute', die 'Budapester Zeitung', die 'Neue Zeitung' oder auch die 'Balaton Zeitung'). Nicht zuletzt ist der jüngst ins Leben gerufene Newsletter des Deutsch-Ungarischen Instituts für Europäische Zusammenarbeit am MCC eine großartige Quelle für alle, die sich auf Ungarisch über das Geschehen in der deutschsprachigen Welt auf dem Laufenden halten wollen.
Titelbild: Andrássy Universität / Facebook.